Tasman Sea oder die Überfahrt nach Australien
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Am Freitag 1. April 05 laufen wir in Opua (Bay of Islands) aus. Der Wetterbericht verspricht, dass das Tief im Westen Neuseelands sich auffüllen und nach Süden abziehen wird. So werden wir das grosse Hoch über Australien und der Tamansee bald erreichen. Leider hält sich das Tief nicht an die Prognosen und verschiebt sich nordwestwärts direkt auf uns zu.
Wir laufen hoch am Wind, 30 Knoten Wind direkt auf die Nase und die Wellen haben sich auch schön hoch aufgebaut. Wir fahren Lift und Achterbahn. So erwischt mich die Seekrankheit wieder, aber es hätte schlimmer sein können. Den ganzen Samstag kreuzen wir gegen den Wind auf. Nach 16 Stun-den kreuzen haben wir auf unserer direkten Linie nach Australien ganze 4 Meilen vorwärts gemacht! Am Sonntag erreichen wir das Hoch, was vorerst mit schwachen Winden verbunden ist. Für die nächsten 30 Stunden laufen wir unter Motor bis wir durch das Zentrum des Hochs durch sind und auf dessen Rückseite in den Wind kommen. Der SE/SSE Wind zwischen 20-27 Knoten lässt das Schiff unter der Besegelung von Grosstuch mit 2 Reffs und normalem Vorsegel mit 7- 9 Knoten laufen . Die Wellen sind inzwischen etwas flacher geworden und erreichen uns nicht mehr von schräg vorne sondern kommen von hinten. Die Schiffsbewegung ist kein Stampfen mehr, sondern ein Rollen, was für mein Gleichgewichtsorgen wieder eine kurze Angewöhnungsphase bedeutet.
Nach kurzer Zeit geht es mir aber wirklich gut, so dass die Arbeiten im Schiff unten kein Problem mehr sind. Trotzdem bin ich froh, die vorbereiteten Mahlzeiten aus dem Gefrier nehmen zu können, denn in der Küche fliegt nämlich immer alles weg. Ich habe meistens zu wenig Hände um mich und alle Messer, Tomaten, Gurken, Schüsseln und Teller festzuhalten.

Wir kommen vorwärts, Australien ist näher gerückt und wir sind in den Einflussbereich einer kleinen Störung gelangt. Diese beschert uns Regenwolken mit drehenden böigen Winden. Eines Nachts, ich habe Freiwache und versuche zu schlafen, höre ich, wie der Wind zunimmt und in den Wanten heult, die Wellen stärker ans Schiff schlagen und vorbeirauschen und die beiden Männer am Segelreffen sind. Dann prasselt der Regen runter. Plötzlich ist der Spuk vorbei. Wie wenn man einen Schalter gedreht hätte ist Totenstille, kein Wellen-, kein Wind-, kein Geräusch von der Steuerung, einfach Nichts. Es ist beinahe unheimlich. Dann kommt wieder etwas Wind auf und die normalen Geräusche kehren zurück.
Die Nachtwachen in den beinahe mondlosen Nächten sind traumhaft. Ein Sternenhimmel spannt sich von Horizont zu Horizont. Die Milchstrasse verdient wirklich ihren Namen und bekannte Sternbilder wie der Orion sind nun früh in der Nacht sichtbar.
Auch die Morgenwache von 6-9 Uhr habe ich gern. Wenn sich langsam der Horizont im Osten gegen den heller werdenden Himmel abgrenzt, die Wellenkämme immer deutlicher sichtbar werden und die ersten Rosafärbungen an den Wolken entstehen. Oft liegen dunkle Wolke vor der aufgehenden Sonne, dann brechen die Strahlen gebündelt durch die Wolkenlöcher oder die höherliegenden Wolken färben sich rot und golden. Die unglaublich schönen Morgenstimmungen kompensieren die stressigen Momente mit den Regenwolken.
Tagsüber begleiten uns manchmal Delphine und vollführen ihre Sprüngen neben dem Schiff.
Auch Sonnenuntergänge sind spektakulär. Bei absolut klarem Himmel konnten wir den grünen „Flash“ beobachten. Das letzte Licht, welches sich von der Sonne beim Untergehen in der Atmosphäre bricht, ist das grüne Spektrum. So konnten wir am Horizont kurz ein intensives Grün sehen.

Am Sonntag 10.4. sichten wir Australien. Die Ansteuerung der Moreton Bay (vor Brisbane) ist recht schwierig. Es bläst mit 25 Knoten, die enge Einfahrt in den North East Channel ist untief ( 4m, eine Stelle 1,8m) und die Wellen brechen sich an den Sandbänken, so dass die rote Boje erst aus einer Distanz von unter 1 Meile auszumachen ist. Doch wir schaffen auch diese Aufgabe. Bis zu unserem Hafen von Manly, wo wir Einklarieren können, sind es noch 40 Meilen. Das Fahrwasser führt entlang Moreton Island und durch die gleichnamige Bucht.
Inzwischen ist es dunkel geworden. Wir wissen, dass die Bucht direkt vor dem Hafen untief ist und wir nur 3 Stunden vor und nach Hochwasser genügend Wassertiefe haben. So segeln wir wieder ein Stück zurück bis gemäss unseren Berechnungen die Einfahrt möglich ist. Nun heisst es gegen die Lichter am Ufer die Einfahrtsbojen zu erkennen. Jede einzelne Markierung hat eine eigene Kennung, d.h. eine bestimmte Lichtfarbe, Blinkgeschwindigkeit und Wiederholungszeit. In den Seekarten ist dies z.B. so vermerkt:
Q(6)+LFl.15s (6 schnelle Blinks und 1 langer Blink, Wiederholung nach 15 sec) oder
FL.R.4s4M (roter Blink, Wiederholung nach 4s, Sichtbarkeit über 4 Meilen). Dies waren die Einfahrts-Bojen in die untiefe Bucht. Weitere grüne und rote Blinklichter folgten als Markierung des ausgebag-gerten Kanals, bis wir die blauen Leitlichter, welche zum Einlaufen schön übereinander liegen müssen erreichten.
Kaum am Quarantänedock festgemacht erschienen schon zwei Zollbeamte (wir mussten unsere Ankunft per Funk voranmelden). Sie händigen uns verschiedene Formulare aus, welche ausgefüllt in einer Stunde wieder eingesammelt werden. Wir wären nach mehr als 18 Stunden „auf den Beinen“ lieber schlafen gegangen, als Administration zu erledigen.
Zum Glück erschien der Quarantäne Beamte erst am nächsten Tag, um wieder alle Früchte uns das wenige frische Gemüse einzusammeln. Er nahm es genau aber weniger pinggelig als der Beamte in Neuseeland.
So sind wir nach 9 Tagen und einigen Stunden, nach 1502 nM und einer Durchschnittsgeschwindig-keit von 6,6 Knoten in Manly, Brisbane angekommen.

Die Tasmansee ist unter den Seglern gefürchtet wegen den vielen unberechenbaren rasch wechselnden und oft mit Stürmen verbundenen Wetterbedingungen. Uns hat sie sich von der besten Seite gezeigt.
Wir sind gespannt, was für Überraschungen und Begegnungen wir in Australien haben werden.

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