Von
Salvador da Bahia ins Amazonasgebiet
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Am 17. Juni ist es dann soweit,
dass wir alle Formalitäten erledigt
haben und in Richtung Recife auslaufen können. Wir segeln ziemlich
hart am Wind und schätzen die Windstärke auf 20 bis 25 Knoten.
Unser Windanzeigeinstrument scheint defekt zu sein. Weit unangenehmer
als keine Stärkenangabe zu haben ist der fehlende Windeinfallswinkel.
Ohne diesen ist das Steuern unpräziser und die Drehungen müssen
erspürt werden. Noch in Salvador haben wir am Mast alles kontrolliert
und mussten, da die Lichter auf dem Mast defekt waren, mit viel Mühe
und Tricks ein neues Elektrokabel in den 21m hohen Mast fädeln. Aber
kaum ist eine Reparatur am Schiff erledigt, ist etwas Neues
defekt.
Nach 403 Meilen erreichen wir den Flusshafen von Recife (Hauptstadt des
Staates Pernambuco). Die Mündung des Rio Capibaribe, geschützt durch
ein Breakwater, ist auch die Hafeneinfahrt. Vor dem Iateclube Pernambuco hat
es noch eine freie Boje, an welcher wir unser Schiff belegen können. Eigentlich
ist der Iateclube nur ein Restaurant und hat keine weiteren Clubfunktionen, aber
hier am Steg können wir unser Beiboot lassen und einige hundert Meter flussabwärts
auf der Mole zu einem kleinen Fährensteg gelangen. Die Fähren sind
kleine Ruderboote und die Fährenmänner müssen kräftig rudern
um gegen oder mit der Strömung die glitschigen Steintreppen am Stadtquai
zu erreichen. Erneut verbringen wir einige Stunden auf der Suche nach und in
Büros der verschiedenen Behörden, bis wir uns offiziell in Recife/Pernambuco
aufhalten dürfen. Noch ein kleines Detail: unser Mitsegler musste vor der
Capitania dos Portos warten, da Männer nur mit langen Hosen eingelassen
werden. Das Wetter ist regnerisch, oft schüttet es stundenlang. Die Stadt
selbst ist ausser wenigen renovierten Häusern eher baufällig. Mit den
Brasilianern haben wir, ausser mit ihrer ineffizienten Arbeitsweise, keine schlechten
Erfahrungen gemacht. Niemand verlangte ein Extratrinkgeld um etwas zu erledigen,
die Taxis haben Taxameter und auf dem Markt wechselte mir der Händler eine
grössere Note korrekt. Er behielt nur einen Real, da er dachte, dass ich
das Gemüse noch nicht bezahlt habe. Als ich klarmachte, dass ich mit seinem
Sohn schon abgerechnet hatte, entschuldigte es sich sehr und gab mir ohne zu
zögern den Restbetrag. Olinda, eine wenige Km von Recife entfernte
Kolonialstadt, wurde recht gut restauriert und ist zur Touristenattraktion geworden.
Eine Woche später laufen wir in der Abenddämmerung aus. Unser nächstes
Ziel Cabedelo resp Jacaré am Paraiba Fluss ist nur 90 nM
entfernt und wir werden für diese Strecke 12-15 Stunden brauchen. Die Nachtsegelei
ermöglicht uns ein Einlaufen in der Morgendämmerung, so dass wir etwas
Helligkeit haben aber noch so viel Dämmerlicht, dass die beleuchteten Bojen
des Kanals gut sichtbar sind. Dieser führt uns zwischen Riffen durch in
den Fluss. Ein schmales Riff trennt den Fluss vom Meer und gibt ein ruhiges Fahrwasser,
allerdings mit 1 kn Gegenstrom. Wir ankern zwischen einigen anderen Yachten (aus
Schweden, England, Deutschland) und ich geniesse es nicht in einer Stadt zu sein,
sondern in einem ländlichen Gebiet.
Zu Fuss kann ich zum kleinen Supermarkt gehen. Meine grosse Wäsche wird
von einer Einheimischen von Hand (!) für 4 Reais/kg (ca 2 Sfr) sehr sauber
gewaschen. Diesmal ist das Einklarieren einfach. Mit dem Zug fahren wir für
0.5 Real nach Cabedelo. Der Capitano dos Portos erledigt alles mit einem Formular.
Auch ist es möglich uns gleichzeitig abzumelden, da wir in wenigen Tagen
weitersegeln wollen. Wir brauchen keine andern Amtsstellen aufzusuchen. Wir statten
auch der Hauptstadt João Pessao (Staat Paraìba) einen Besuch
ab. Dies ist ein für Brasilianische Verhältnisse ruhiger, eher langweiliger
Ort. Selten hört man laute Musik, noch scheinen die Leute sehr extrovertiert
oder tanzfreudig. An Sehenswürdigkeiten gibt’s ausser einer mässig
interessanten Kirchenfassade nicht viel.
Wir sind gespannt, als wir nach Fernando de Noronha, einer vielgepriesenen
Inselgruppe im Atlantik, aufbrechen, was wir dort an Naturschönheit antreffen
werden. Wir segeln am Wind mit seitlichem Strom und 12 Grad Abdrift gegen hohe
Wellen. Die Belüftungshörner auf Deck haben wir vorsorglich abgeschraubt
und durch Deckel ersetzt. Dies war weise, denn immer wieder waschen Wellen übers
Deck und fluten über die Scheiben des Doghouses. Nach 250 nM erreichen
wir am 3. 7.06 bei Dunkelheit die Bucht Porto de San Antonio. Fernando de Noronha
hat eine wechselvolle Geschichte. Entdeckt vom Spanier Juan de la Cosa (Kartograph
und Navigator von Columbus) war es portugiesisch, wurde später als strategische
Position zwischen Europa und der "Neuen Welt" von den Franzosen und
Holländern besetzt und 1737 von den Portugiesen zurückerobert. Die
Insel hatte über die Jahrhunderte verschiedenste Funktionen. Sie war Wetterstation,
Gefängnis, im zweiten Weltkrieg eine US Militärbasis und heute ein
Naturschutzgebiet und Touristenziel. Dies merkten wir sehr schmerzlich, als wir
uns beim Hafenkapitän anmeldeten. Unser Plan ist 3 Tage zu bleiben. Die
Gebühren pro Person und Tag und fürs Ankern sind horrend. Obwohl er
uns dann nur 2 Tage berechnete, bezahlten wir 500 Reais (250 CHF!). Am nächsten
Tag fahren wir auf einem Touristenschiff zur Delphinbucht, wo sich Hunderte von
Delphinen tummeln sollten. Gesehen haben wir drei. Auch in der Schildkrötenbucht
gab es keine Schildkröten. Auf dem Pferderücken ritten wir durch Gestrüpp
und Gras an den Rand steiler Klippen, wo sich zu unseren Füssen wunderbare
weiss Strände ausbreiteten. Geschützte sehr schöne Strände
mit klarem Wasser, Schnorkel- und Tauchmöglichkeiten locken die Touristen
an. Busse, Buggytaxi und Mietbuggys sind die Verkehrsmittel auf der Insel.
Wir verlassen Fernando und segeln diesmal angenehmer mit dem Wind und Strom.
Das Schiff läuft sehr schnell und wir erreichen einen Stundenschnitt von
8.8 Knoten. Die Ansteuerung von Fortaleza ist mit guten Seekarten nicht
schwierig. Gewöhnungsbedürftig sind einzig die sich über Meilen
erstreckenden Wassertiefen von 10-12 m. Im kleinen Hafen vor dem Marina Parkhotel
liegen wir an unserem Anker und dem Heck zur Pier. Der Ankergrund ist sehr schlecht,
d.h. voll Bauschutt und Abfall, dass der Anker schlecht hält und wir mit
dem Beiboot noch zwei weitere ausbringen, da oft starker Seitenwind herrscht.
So liegen wir gut und können die Annehmlichkeiten eines Hotels mit schönem
Schwimmbad und guten Duschen geniessen. Die Stadt selbst bietet wenig Sehenswürdigkeiten.
Fortaleza ist die Stadt der langen, breiten und weissen Strände. Am Sonntag
sind alle Einheimischen dort und wir mitten unter ihnen. Beizli reiht sich an
Beizli. Strohbedeckte Sonnenschirme spenden Schatten, Schwimmer tummeln sich
in den Wellen und in den seichten Teichen, welche die Ebbe am Strand hinterlässt,
spielen Kinder. Es wird flaniert, Fussball und Federball gespielt und Hunderte
von Drachen fliegen in der Luft. Obwohl es sehr viele Leute hat, ist nirgends
ein Gedränge, die Strände sind so weitläufig und breit, dass der
Eindruck von "wenig Leuten" entsteht.
Je weiter wir in Brasilien nach Norden kommen, desto einfacher werden die Häuser
und der Zustand derselben schlechter. Sprachlich sind wir immer mehr aufs Brasilianische
angewiesen, kaum jemand spricht Englisch. Ein Glück, dass unser Mitsegler überall
junge Leute antrifft und im Ausgang mit diesen schon recht gut die Sprache gelernt
hat. Mein Gehirn ist sehr viel langsamer, Texte lesen geht ordentlich, aber das
Sprechen und Verstehen harzen.
Wir sind gespannt, was uns nach den nächsten 830 Meilen in Belem am
Rio Parà im Amazonasgebiet erwartet.
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