Namibia

Zurück Seite 25 Weiter



Drei Tage nach Verlassen von Saldanha (unser letzter Halt in Südafrika) erreichen wir mit stürmischen Winden bei Sonnenaufgang die Bucht von Lüderitz in Namibia. Der Anblick der Stadt mit einer grossen neogotischen auf einem Felsen thronenden Kirche mitten in einer Stein- und Sandwüste ist eindrücklich. Gegründet wurde der Ort vor ca. 120 Jahren von einem deutschen Kaufmann und erlebte zwischen 1908 und 1914, als Diamantenfunde in der Umgebung Reichtum brachten, ihre Blütezeit. Von hier aus entstand auch die deutsche Kolonie Südwestafrika. 10 km landeinwärts liegt die „Geisterstadt“ Kolmanskop, früher eine blühende Diamantengräber Stadt, welche 1950 verlassen und den Plünderern und dem Wüstensand überlassen wurde. In aufwallender Nostalgie begannen man 1979 einige der Häuser und Anlagen vom Sand freizuschaufeln und zu restaurieren. Heute werden noch immer in der Namib Wüste Diamanten geschürft und seit geraumer Zeit wird auch mit Schiffen vor der Küste der Meeresboden aufgesaugt, durchgewaschen und so Diamanten aus-gefiltert. 50% stammen heute aus dem Meer. An die 90% sind mittlere bis grössere und 10% Industrie Diamanten.

Von Lüderitz aus planen wir eine Reise ins Innere von Namibia. Uns lockt die Wüste. Im Osten Namibias dehnt sich die Kalahari bis nach Botswana aus und im Westen zur Atlantikküste hin die älteste Wüste der Welt, die Namib.
Gleich hinter den Häusern von Lüderitz erheben sich die Sanddünen und die Teer-strasse in Richtung Windhoek wird immer wieder von verwirbeltem Sand bedeckt und muss manchmal mit „Schneepflügen" geräumt werden. Unser VW Polo schafft das locker. Doch bald müssen wir die Hauptstrasse verlassen und nun beginnt das Fahren auf den Schotterpisten und Sandstrassen. Vor 4 Wochen hat es hier sehr stark geregnet (wie seit Jahrzehnten nicht mehr), was die Wüste ergrünen und die Strassen in einem desolaten Zustand hinterliess. Die Flüsse unterspülten die Ränder und flossen rücksichtslos darüber, tiefe Furchen und mit Sand gefüllte Senken hinter-lassend. Dem war der VW Polo nicht gewachsen und bald steckten wir tief im Sand. Zum Glück mussten wir nicht lange warten bis ein Allradfahrzeug kam und uns heraus zog. Sobald ein Auto am Strassenrand steht halten vorbeikommende Wagen an, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Der Verkehr ist sehr gering und manchmal begegnet man innerhalb einer Stunde nur einem oder zwei Autos. Wir durchfahren unendlich weite Ebenen bedeckt mit silbrig blühendem Gras aus denen sich immer wieder blau oder rötlich gefärbte Felsgipfel erheben (es sah aus, wie wenn Bergspitzen aus einem Nebelmeer gucken). Entlang der geraden Strasse, welche sich in sanftem Auf und Ab bis zum Horizont hinstreckt verläuft eine Telefonleitung wie eine unendliche Perlenschnur. Stachlige Büsche und Akazienbäume spenden gelegentlich etwas Schatten und Nestmöglichkeiten für viele Vogelarten. Die Wohnblock-Nester der Webervögel (Grösse kann ohne weiteres 2x3m erreichen) können 100 Jahre alt sein, haben Hunderte von Eingängen und beherbergen eine unzählbare Anzahl Vögel.

Bis wir am zweiten Tag unser Wüsten-Lodge erreichten, steckten wir nochmals im Sand. Ich würde allen Namibiareisenden, auch wenn der Autovermieter meint, dass es nicht unbedingt nötig ist, ein 4x4 Fahrzeug empfehlen.

Unser Bungalow hat eine wunderbare Aussicht. Zu Füssen liegt eine weite Ebene, bedeckt (dank dem Regen) mit dem blühenden Gras, einigen wenigen Bäumen und Büschen, am Horizont ragen die bläulich schimmernden Felsberge auf und dazwi-schen leuchten rostrot die Dünen der Namib.

Vor Sonnenaufgang fahren wir mit unserem Guide in Richtung Sossuvlei, dem Wüstental mit den höchsten Dünen. Sobald sich die Sonne über die Dünenkämme stiehlt erstrahlen die elegant geschwungenen Sandberge auf der Sonnenseite orangerot, zartrosa oder rostbraun und auf der Schattenseite dunkel. Alle haben den gleichen Anstieg auf der Windseite und gleiche Neigung auf der windabgewandten Seite. In die roten Sandtöne mischen sich gelb-graue Farben vom Gesteinsabrieb und das Grün der dunkleren Büsche und das hellere des Grases. Abgestorbene Äste und Baumstämme bilden einen dunklen Farbkontrast. Je höher jetzt die Sonne steht, desto blasser werden die Farben. In den Vlei (Pfannen) steht vom Regen noch Was-ser und die Dünen spiegeln sich darin. Wir besteigen (einen Schritt aufwärts, einen halben zurück) den Big Daddy, eine der höchsten Dünen im Sossuvlei. Auf dem Dünenkamm angekommen bin ich von der Aussicht völlig überwältigt. U-förmig von der roten Düne umfasst liegt unter uns eine ausgetrocknete, lehmweisse Pfanne und aus dem weissen Grund strecken dunkle, 500 Jahre alte abgestorbene Bäume ihre Stämme und Äste gegen den Himmel und bis zum Horizont reiht sich eine rote Düne an die andere.
Der Fluss Tsauchab, aus den Naukluftbergen kommend, hat vor Sesriem ins mehr als 18 Millionen Jahre alte Geröll eine 30 m tiefe Schlucht gegraben. Wandert man unten im Canyon, sieht man den Himmel manchmal nur durch den 3 m weiten Schlitz. Nach Regenfällen kann das Wasser hier sehr hoch stehen, in Trockenenzeiten hat es nur Tümpel. Unterirdisch fliesst das Wasser weiter und speist in regenreichen Zeiten die Pfannen im Sossuvlei.

Zurück in Lüderitz bereiten wir uns auf die nächste Segel-Etappe nach Walvis Bay vor.
In der Hottentotten Bay ankern wir für eine Nacht, dann segeln wir in knapp drei Tagen nach Walvis Bay.
Dieser Küstenabschnitt des Atlantiks mit dem kalten Benguela Strom ist sehr fisch-reich. Die kalte Strömung und die Erdrotation bewirken, dass sehr planktonreiches Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche gespült wird. Das bescherte uns nachts ein grandioses Schauspiel. Plankton, welches angestossen wird, gibt seine Energie als fluoreszierendes Licht ab. Die Bugwellen schimmerten grünlich und der sonst weisse Wellenrand war wie eine Leuchtreklame neongrün hell. Jeder Fisch zog eine Glitzerspur und jeder Seehund oder Delphin war ein grüner heller Fleck. Die Milchstrasse und die Sterne schienen sich im Wasser dynamisch zu spiegeln. Das war ein grandioses Erlebnis und zum ersten Mal fand ich es schade, als meine Wachablösung kam.
Swakopmund (30 km von Walvis Bay entfernt) ist die Feriendestination der Namibier. Wer es vermag, hat hier ein Ferienhaus. In der Stadt findet man zahlreiche Häuser und eine Kirche in klassisch deutscher Architektur um 1900. Es wird vorwie-gend Deutsch gesprochen und man bekommt hier nach deutschen Reinheitsgeboten gebrautes Bier und währschaftes Essen, Erinnerungen an die ehemalige Deutsche Kolonie Südwestafrika.

Namibia, der jüngste seit 1990 unabhängige Staat Afrikas ist landschaftlich, klima-tisch und bezüglich Flora und Fauna unterschiedlich. Der Süden ist heisse, trockene Wüste ausser der nebelreichen, windigen und kühlen Küste um Lüderitz. Der Norden mit der Etosha Pan steppenartig und wildreich und der nordöstliche Zipfel (Caprivi) entlang dem Okavango eine feuchte Flusslandschaft.
Namibia ist ein faszinierendes Land und es zu bereisen ist ein Erlebnis.
Bald werden wir Namibia verlassen und über St.Helena nach Recife Brasilien segeln.

Zurück Seite 25 Weiter