Colon - Landausflug Costa Rica - Emberà Indianer - Kanaltransitvorbereitung
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Wir liegen sicher im Yachtclub und haben unsere Hafenroutine wieder gefunden. Die Liste anstehender Reinigungs- und Unterhaltsarbeiten ist lang. Vor dem Kanaltransit und Erreichen des Pazifiks müssen alle Filter- und Ölwechsel gemacht, das Rigg kontrolliert, die defekten digitalen Windmessinstrumente ausgebaut und eingeschickt werden. Alles braucht mehr Zeit, als man sich in Europa gewohnt ist. Bis nur eine einzige rostfreie Schraube, ein Werkzeug usw. gefunden wird, ist man mindestens einen halben Tag unterwegs. Ich ergänze meine Vorräte wieder und schleppe Rücksäcke und Taschen voll Esswaren aufs Schiff. In den San Blasinseln habe ich sehr häufig Brot gebacken, Wähenteige geknetet und Weihnachtsguetzli ausgestochen, so dass ich den Mehlbedarf für mehrere Wochen abschätzen kann. Das will heissen, dass ich zwischen 15-20 Kg Mehl aufs Schiff bringen und dieses möglichst Ungeziefer sicher verpacken muss. Plastikdosen mit Schraubverschluss eigen sich gut oder ich schweisse es portioniert in Plastikfolie ein. In alle Behälter und Verpackungen lege ich Lorbeerblätter, das vertreibt die kleinen schwarzen Käferli aus Mehl, Reis und Teigwaren. Trotzdem muss ich die Vorräte alle 1-2 Monate durchchecken. Alle Konservendosen werden mit dem Filzstift angeschrieben, man weiss ja nie, wenn sich die Etiketten in der Feuchtigkeit lösen und man nicht mehr weiss, ob sie Erbsli oder Fruchtsalat enthalten. Das gäbe eine lustige Kocherei.

Wie immer sind auch Grosswaschtage angesagt. Mückengitter, Kissen, Matratzenüberzüge müssen wieder sauber werden. Alles ist verschwitzt. Wir brauchen bei dieser feuchten, klebrigen Hitze viele T-Shirts und Kleider. Zudem sind die Waschmaschinen so schlecht ( ein Waschgang 30 Minuten mit nur kaltem Wasser), dass nichts sauber wird und oftmals vorher von Hand geschrubbt werden muss. Zudem herrscht im Waschhaus der Marina meistens ein Gedränge, denn alle ankommenden Segler bringen riesige Berge Schmutzwäsche mit.

Dazu kommt noch etwas Zusätzliches: es regnet seit Wochen immer wieder mal sehr stark, manchmal auch 2 Tage mehr oder weniger dauerhaft, dann scheint die Sonne wieder und es wird heiss. Aber die extreme Luftfeuchtigkeit bleibt, sie staut sich im Schiff. In jedem Kasten, in jeder Schublade wird es feucht und muffelig, trotz den von mir genähten Säcklein mit Silicagel. Immer wieder nehmen wir ein Paar Hosen, ein T-Shirt aus der Schublade und es ist voll Stockflecken und Schimmel. Vorgewaschen mit Gallseife wird alles in der Waschmaschine dann doch wieder sauber. Die Buchdeckel und die Ledersachen sind von einer feinen Schimmelschicht überzogen und brauchen eine Behandlung mit Essigwasser. So entdecken wir jeden Tag wieder eine neue Überraschung und die Arbeitsliste wird nie kürzer.

Schweizer Segler, welche schon längere Zeit in Colon leben, um ihr auf ein Riff gelaufenes Schiff wieder zu flicken, wollen eine Reise ( auf dem Landweg) nach Costa Rico machen. Wir dürfen uns anschliessen. Der Grenzübertritt, nachdem es Wochen gedauert hat um nur Aus- und Wiedereinreisepapiere fürs Auto zu bekommen, geht dank eines Agenten sehr speditiv. Ungewöhnlich ist für uns der Betrieb am Grenzposten: kein Schlagbaum, ein Gewimmel und Durcheinander von Autos, Fussgängern, Verpflegungs- und Souvenirbuden, verschiedene Gebäude ohne Anschriften wo man welches Büro findet. Vor der Einreise in Costa Rica wird das Auto mit irgendwelchen Desinfek-tionsmittel besprayt.

Nun haben wir freie Fahrt nach Costa Rica. Wir fahren auf ordentlichen Strassen der sehr schönen abwechslungsreichen Küste entlang bis nach Golfito. Diese gut geschützte Bucht ist in Seglerkreisen bekannt, ebenso unser nächster Übernachtungsort Puntarena. Für Strandferien scheinen mir beide Orte ( aus Sicht der Wasserqualität) nicht unbedingt geeignet. Die Vegetation ist tropisch reich, dazwischen liegen Kuhweiden. Am nächsten Tag schrauben wir uns durch zunehmend kargere Landschaften zur Hauptstadt San José empor, welche über 1600 m liegt. Es ist mindestens 10 Grad kälter geworden, an den Bergen hängen Wolken und es nieselt. Erinnerungen an die Schweiz werden wach.

San José ist eine geschäftige Stadt. Die Menschen wirken zufrieden. In Costa Rica gibt’s nur 5% Arbeitslosigkeit. Über Lohnprozente werden die Krankenversicherung und die Altersvorsorge gedeckt. Die ärztliche Versorgung in den öffentlichen Spitälern ist kostenlos und sehr gut, dementsprechend der Andrang und die Wartezeiten gross. Unter kundiger Führung besichtigen wir das Theater, erbaut im 19.Jahrhundert von italienischen, englischen, belgischen und französischen Architekten und Künstlern. Geniale technische Konstruktionen ermöglichen das Absenken der bemalten Decke und des Kronleuchters zur Reinigungszwecken. Der Boden des Parketts kann auf die Bühnenebene angehoben werden und wird nach Entfernen der Stuhlreihen zu einer riesigen Halle für Empfänge und Feste. Das Historische Museum mit den ansprechend ausgestellten archäologischen Funden ist sehr interessant.

Von der Hauptstadt schraubt sich die Strasse (Transamerikana) ins Gebirge hinauf. Wir sind sicher auf über 2500 m. Es ist kalt, nebelt und Windböen fegen durch die Bäume. Die Strasse ist schmal und kurvenreich. Unsere Tankanzeige neigt sich dem Nullpunkt entgegen und nirgends ist an dieser Bergstrasse eine Tankstelle. Auf der Karte schien die Strecke nicht so lang und da es weder Höhenkurven noch Höhenangaben gibt, waren wir von dieser „Benzinfresserstrecke“ überrascht worden. Abwärts fahren wir möglichst in einem grossen Gang, dafür werden die Bremsen strapaziert. Mit den letzten Tropfen Benzin rollen wir im Tal unten zur Tankstelle. Inzwischen ist es dunkel geworden und in einem kleinen Dorf schauen wir nach einer Unterkunft. Etwas Annehmbares finden wir nicht. Wir fahren weiter bis nach Golfito, wo wir schon im Hinweg übernachtet haben.

Am Folgetag geht der Grenzübertritt nach Panama dank dem Agenten, welcher uns auch noch eine Arbeitsbewilligung anbietet, problemlos. Ein Abstecher in die Berge Panamas nach Boquete führt uns wieder ins kühle Nieselwetter. In dieser Gegend wird vor allem Kaffee angebaut.

Diese Reise einmal auf dem Landweg war sehr interessant.

Als Jahresabschluss besuchen wir ein Dorf der Emberà und Wounaan Indianer. Diese Stämme wohnen entlang den Flüssen, leben vom Fischfang und kultivieren um ihre Hütten Nutz- und Heil-pflanzen. Das Dorf erreichten wir im Einbaum. Zu Beginn der Fahrt fand ich dieses Transportmittel etwas wackelig, gewöhnte mich aber sehr rasch daran und fand die Flussfahrt viel zu kurz. Diese Indianer, im Gegensatz zu den Kunas auf den San Blas Inseln, tragen nur ein Lendentuch und Glasperlen Ketten und für Feste bemalen sie den Körper mit schwarzen Ornamenten. Auch ich erhielt ein Ornament auf den Arm gemalt. Die Farbe ist ein Pflanzensaft, welcher zuerst nur grau später durch das Licht schwarz wird und nach 7- 10 Tagen wieder verschwindet. In der Gemeinschaftsküche werden für uns Fisch und Bananen gebraten und als Getränk erhalten wir Zuckerrohrsaft. Das Zuckerrohr wurde in unserem Beisein durch eine spezielle Presse gedreht und in einer grossen Kalebasse aufgefangen. Musik und Tanz, sowie die fotogene Kinderschar und die friedliche Atmosphäre in diesem Dorf sind eindrücklich. Die Rückfahrt im Einbaum auf dem Fluss lässt uns wieder sanft in die Zivilisation zurückgleiten.

Wir planen die Kanaldurchfahrt auf Ende Januar. Autopneus als Fender haben wir, das Schiff wurde schon vermessen und die langen Festmacherleinen werden wir uns ausleihen.

Da entdecken wir am Karbongrossbaum Risse. So können wir uns nicht in den Pazifik wagen. Also heisst’s einen Handwerker suchen, Material kommen lassen z.T. aus England per Fedex und die Kanalpassage noch etwas zu verschieben.

Dafür verdingen wir uns auf ein anderes Schiff als Linehandler. So können wir eine Kanalpassage erleben und geniessen und wissen dann wie alles läuft.

In den drei ersten Schleusen liegen wir mit einem anderen Segelschiff an einem Dugboat hinter dem Heck eines Riesenfrachters. Beim Einströmen des Wassers gibt es erheblich Wirbel und der grosse Frachter lässt anständigerweise bei der Ausfahrt seine Maschine nicht auf vollen Touren laufen. Er muss ja auch nicht, wird er doch von Lokomotiven zu beiden Seite der Schleuse gezogen. Nach den ersten drei Schleusen erreichen wir den Gatunsee. Dieser ist aus dem gestauten Rio Chagres ent-standen und wir fahren mitten durch den Dschungel. Affen sitzen auf den Bäumen, Leguane und Geier im Geäst. Etwas später werden die Ufer kahler und an der engsten Stelle wurde ein künstlicher Durchstich gemacht.

In der Pedro Miguel Schleuse werden wir center-bord abwärtsgeschleust, d.h. das Schiff ist in der Mitte und die langen Leinen von Bug und Heck werden auf der Schleusenmauer befestigt. Noch sind die beiden Miraflores Schleusen, wo wir wieder am Tugboat liegen, zu bewältigen. In diesen Schleusen herrschen durch die zunehmende Durchmischung von Süss- und Salzwasser Turbulenzen und Stömungen unter der Wasseroberfläche, was dem Steuermann viel Geschick abverlangt.

Das letzte Tor geht auf und wir sind zum ersten Mal im Pazifik und bald auch mit dem eigenen Boot.

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